Gestern Abend war ich um zehn, als Nachtruhe angesagt war, noch überhaupt nicht müde. Lesen ging nicht mehr, also habe ich noch lange Musik gehört - die Handys sind ja multifunktional. Um halb sechs heute früh fungierten dann packende Mitpilger als Wecker, also bin ich auch auf und um sechs Uhr los. Schön, so durch die Stadt Pontevedra, kleine Leuchtsteine im Boden weisen den Pilgern den Weg, etliche Nachtschwärmer kommen mir entgegen, sie sind lautstark auf dem Nachhauseweg.
Über die Brücke und stadtauswärts laufend, denke ich über Teresas "Sanftheit" nach. Sie übt sich im inneren Beten und in diesen Zeiten des Gebetes in Ruhe darf auch die Seele nur das tun, was in Sanftheit und ohne Lärm vor sich gehen kann. Und Lärm bedeutet für sie, dass ihr Verstand immer wieder das Denken anfängt, abschweift und nach Worten sucht, hin und her flattert und so den zarten Anfang von gefühlter Liebe, diesen Funken an Empfindungsvermögen immer wieder zunichte macht. Sie geht sogar soweit und sagt, dass der Verstand ein lästiger Mühlstein ist.
Die heutige Strecke verläuft sehr abgeschieden, über 20 km ohne eine Ortschaft. Also mache ich so Rast, ohne einen Kaffee, und lese meinen Tagesimpuls, der sehr gut passt:
Wie schwer ist für mich oft die Geduld, Herr. Ausschau halten und Warten, Hoffen und Vertrauen. Doch eines Tages werde ich deine Wolken entdecken, die den erquickenden Regen bringen. Eines Tages wird es mir gelingen: Geduld und Hoffnung, Vertrauen und dann auch Dankbarkeit.
Ich laufe weiter, einfach so und versuche es einmal, meine Gedanken loszulassen, einfach nur zu gehen. Es erfordert schon eine gewisse Achtsamkeit, denn immer wieder drängen sich "Holzscheite", wie Teresa sie nennt, in den Kopf.
Nach einer ganzen Weile stoße ich auf eine Spanierin mit Sohn (ca. 13 Jahre alt), die letzte Nacht in derselben Herberge waren. Sie ist Lehrerin in Madrid und die beiden laufen jeden Sommer eine Woche auf einem Camino.
Die Sonne knallt jetzt arg und die Mutter quält sich sehr mit Blasen, mein rechtes Knie bockt heute. Wir kämpfen bis Caldas de Reis und sind um halb zwölf an der Herberge - 22 km geschafft. Wieder heißt es bis um eins warten, aber es gibt genug Schattenplätze vor der Herberge, dann endlich duschen und Wäsche waschen. Im Supermarkt kaufe ich ein und nehme mein Mittagsmahl auf einer Parkbank ein.
Der Pilgerführer behauptet, dass Caldas schon zur Zeit des ersten rheumatischen Neandertalers beliebt war - wegen seiner Thermalquellen. Die Römer bauten sie zu einer üppigen Badeanstalt aus, Erholung für die Legionäre auf der Via Romana XIX und heute für uns Pilger.
Ich setze mich mit meinem Buch an den Rand, die Füße im heißen Thermalwasser baumelnd und lese - Entspannung pur. Immer wieder kommen andere Menschen, tuen dasselbe und es kommt zu manchem kurzen Gespräch.
Ich erkunde noch ein wenig den Ort, die Skulpturen im Park, die Kirchen San Tomé Becket und Santa María (voller Freude sehe ich, dass abends um acht Uhr Hl. Messe ist) und gehe zur Herberge zurück, Tagebuch schreiben, die schon getrocknete Wäsche abnehmen und meinen Rucksack soweit vorpacken.
Als ich mich kurz aufs Bett lege (wieder unten) merke ich, wie Panik in mir hochkommt. Ich kann unten nicht aufrecht sitzen, so wenig Platz ist dort, der Raum ist zudem sehr klein, eng gestellt und hat nur ganz oben unter der Decke kleinere Klappfenster. Über mir liegt ein junges Mädchen und sie ist bereit mit mir zu tauschen - puh, ziemlich wackelig da oben, aber wenigstens habe ich das Gefühl atmen zu können.
Ich gehe noch einmal zurück ins Ortszentrum in die Kirche. Die Messe zelebriert derselbe Priester wir vorgestern in Redondela. Er erzählt ein wenig von sich, ist Mexikaner und läuft mit einer Pilgergruppe selbst den Camino. Er spendet den Segen am Ende der Messe auch mit den deutschen Segensworte, so dass ich ihn nach der Messe draußen anspreche.
Er arbeitet in Rom und hat einen deutschen Chef, wie er augenzwinkernd verrät.
Hier in der Messe machte fast keiner Mundkommunion, es gab auch kein Teller drunter halten.
Ich gehe mit einem Umweg über das Thermalbecken, dass ich noch einmal ausgiebig genieße, zurück zur Herberge, lese noch etwas und schlafe schnell ein.
Notruf für Krankensalbung:
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