Ich frühstücke im Cafe im Keller der Herberge und mache mich dann auf zur Bushaltestelle - also noch einmal den Rucksack schultern. Santiago ist so hügelig. Hoch und runter geht es bis zum Busbahnhof. Ich finde das Abfahrtsgate nicht. Irgendwann habe ich dann verstanden, dass die Busse unterirdisch abfahren. Was der Bauer nicht kennt ... Also den Rucksack unten in den Gepäckraum und los geht es.
Erst fühlt es sich merkwürdig an, die Strecke, die ich jetzt zwei Wochen zu Fuß gelaufen bin, mit dem Bus rückwärts abzufahren - in wenigen Stunden. Aber zunehmend finde ich Gefallen daran, alles revue passieren zu lassen, denn all die Orte und Stationen sind erkennbar, teils fährt der Bus sogar durch die Städte, in denen ich war, wie Barcelos. Auch auf die Bucht Ria de Vigo habe ich einen guten Blick, wenngleich es anfängt zu regnen. Der erste Regen übrigens seit ich hier bin!
Am frühen Mittag komme ich in Porto an. Im nächsten Cafe trinke ich erst einmal einen Capucchino (die Tradition wird beibehalten), dazu gibt es was Süßes. Ich orientiere mich und plane grob meinen Rundgang durch die Stadt, die Sonne scheint wieder. Übernachten werde ich außerhalb, nur ein paar hundert Meter vom Flughafen entfernt, da mein Flieger schon morgen früh geht. Diese Unterkunft hatte ich als einzige bereits von Deutschland aus gebucht.
Porto vibriert regelrecht, viele junge Menschen, überall sitzen sie, viele malen, an jeder Ecke spielen Straßenmusiker. Kleine Gassen, schmale Häuschen, teils verkommen, teils gepflegt, fast alle alt und viele bunt. Und ein Andenkenladen am nächsten.
Dann die berühmte Stahlbrücke Ponte de D. Luis I: Der Pilgerführer hat nicht zuwenig versprochen. Zwei Wagemutige springen von der unteren Ebene runter in den Fluß. Ich nehme die Treppe hoch und gehe ein Stück über die obere Ebene der Brücke. Von dort hat man eine tolle Aussicht und es ist einfach irre, vor allem wenn man sich die ersten Häuserreihen ansieht, wo einfach halbe Etagen weggeschlagen wurden, damit dort die Brücke verlaufen kann.
Beim Weitergehen sprechen mich zwei junge Männer an, sie sind aus Essen und haben an meinem Rucksack (den ich gewohnheitsmäßig den ganzen Tag auf dem Rücken hatte) und der Muschel sofort die Pilgerin erkannt. Sie sind voller Elan, haben nur 10 Tage Zeit und wollen den Weg in der Zeit durchziehen. Sie wollen Tipps, ich erzähle was und empfehle, die ersten Tage sehr auf die Füße zu achten. Sie wollen am Abend noch was Porto unsicher machen, das Bier testen. Bom caminho - wie jeder Pilger werden sie i h r e n Weg erleben.
Gegen sechs Uhr bin ich an der Kathedrale und hole mir dort auch noch einen Pilgerstempel, sonst fehlt mir doch was im Pilgerbuch. Ich setze mich noch ein wenig vor die Kathedrale und lese meinen Tagesimpuls:
Wir vertrauen auf dich, Gott, halt uns fest. Wir rufen dich an, du hörst uns und bist bei uns im Glück und in der Verzweiflung. Gib uns deinen Frieden, stärke uns für diesen Tag, Gott.
Da ist es wieder: Vertrauen! Wie Maria, die hatte es. Mancher Prophet, wie Elija, startete voll Elan, hatte zu hohe Anforderungen an sich selbst und geriet ins Zweifeln.
Der Bus zur Pension raus fährt nahe der Uni ab, in einem kleinen Lokal gönne ich mir nach dem 5 stündigen Stadtrundgang noch eine leckere Fischplatte. Die Frau am Nachbartisch spricht mich an, Irin, ist den Frances vor 2 Jahren gelaufen. Vor zwei Wochen in Lissabon gestartet, lief sie sich an den beiden ersten Tagen direkt so üble Blasen, dass sie wieder nach Hause ist. Jetzt startet sie ab Porto einen neuen Versuch - Rentnerin, da geht das - wir klönen noch etwas.
Im Laden nebenan erstehe ich später noch eine Flasche Wein und dann fahre ich mit dem Bus raus gen Flughafen.
12 Gehminuten sind es bis zum Hostal, total schön mit zwei 6 Bettzimmern. Als ich aus der Dusche komme, ist ein älteres Ehepaar im Zimmer, er das Urgestein des süddt. Jakobsweges, hat dort die Markierungen angebracht. Sie sind 300 km Via Plata gelaufen, müssen wie die beiden anderen im Zimmer schon um vier raus und gehen früh schlafen. Ich setze mich unten in das "Wohn-/Eßzimmer", trinke Rose und habe Zeit. Habe Zeit, einfach nur da zu sitzen, Wein zu trinken und Gott zu danken für die wunderbaren zwei Wochen.
Geduld, Vertrauen, beten mit einem Freund (Teresa) - für mich wichtige Dinge, die mich weiter begleiten werden. Und durch die vielen Begegnungen mit anderen Pilgern über den eigenen Tellerrand hinausgeblickt zu haben. Wie wichtig, sich immer wieder bewusst zu machen, dass es so viele verschiedene spirituelle Zugänge zu Gott gibt, wie es Menschen gibt. Offen bleiben für das, was die Menschen bewegt. Aber vor allem auch sensibel für sein eigenes Ich zu sein, sich die nötigen Auszeiten zu nehmen, um Gott immer besser zu begreifen und sich selbst immer weiter zu entwickeln, spirituell aber auch im täglichen Miteinander. Denn wie endete das Gebet von Rilke in meinem Begleitbrief: Mit meinem Reifen - Reift - dein Reich.
Notruf für Krankensalbung:
0152-02697547
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