Ende Juni flog ich für drei Wochen in mein Geburtsland Japan. “Nach sechs Jahren fliege ich nach Hause”, sagte ich meinen Freunden, obwohl mein Zuhause seit 24 Jahren eigentlich Deutschland ist. Der Bezug zu Japan blieb dennoch immer erhalten. Zudem wohnte ich mit meiner Familie in der Nähe von Düsseldorf, wo die drittgrößte japanische Gemeinde in Europa lebt.
Bedingt durch das Studium und die Corona-Pandemie, war für mich die Reise “in das Land der aufgehenden Sonne” sechs Jahre lang nicht möglich. Anders als die bisherigen Reisen, sollte diese eine ganz besondere werden. Statt Familie und Freunde zu besuchen, beschloss ich diese drei Wochen nur in Tokio und Sapporo zu verbringen, um u.a. der Situation der Kirche in Japan nachzugehen. In Tokio und Sapporo lebte ich im Franziskanerkloster, nahm am Chorgebet und an den gemeinsamen Mahlzeiten teil und feierte täglich die Hl. Messe in der Gemeinde.
In Japan leben etwa 123 Millionen Menschen, davon sind etwa 1-1,5% Christen. Die Zahl der Katholiken liegt bei etwa 430.000. Die Kirche in Japan bildet, von Beginn der portugiesischen Mission, über die grausame Zeit der Verfolgung, des über zweihundertjährigen Lebens im Untergrund und der Duldung nach der Meiji-Restauration (1868), bis heute heute eine Minderheit in der japanischen Gesellschaft.
Als ich die Reise antrat, wusste ich nicht so genau, abgesehen von den Franziskanerklöstern, was mich erwarten wird. In den Gemeinden und in den Klöstern wurde ich mit offenen Armen und mit Herzlichkeit aufgenommen. Ich kam mit vielen Gemeindemitgliedern ins Gespräch. Mit einigen vertiefte ich das Gespräch beim gemeinsamen Abendessen. Viele von ihnen wurden, so wie ich, erst als Erwachsene getauft und sind nicht selten die einzigen Christen in der Familie. In ihren Pfarreien engagieren sie sich als Messdiener, Katechisten, Pfadfinder, Chorsänger usw. Ich erfuhr, dass es in der katholischen Kirche Japans ähnliche Herausforderungen wie in Deutschland gibt, z.B. demografischer Wandel und Priestermangel. Da die Kirche eine Minderheit ist, stellen sie die Fragen und Themen, die seit einigen Jahren in Deutschland gesellschafts- und kirchenpolitisch heiß diskutiert werden, nicht. Stattdessen stehen andere Themen im Vordergrund: Leben aus dem Glauben in einer nicht-christlichen Gesellschaft sowie Erfahrung der unbedingten und barmherzigen Liebe Gottes. In einer Großstadt wie Tokio fiel mir die große Zahl an Gottesdienstbesuchern, sowohl sonntags als auch werktags auf. Auf dem Land sieht die Situation nochmal anders aus. Erstaunlich ist die ausgebaute Infrastruktur der Kirche: So gibt es in den dichter bevölkerten Teilen Japans (nur gut 25% des japanischen Landes ist bewohnbar) eigentlich überall eine erreichbare katholische Kirche. Aber nicht in allen Kirchen findet sonntags eine Hl. Messe statt. In Sapporo feierte ich eine Woche lang täglich die Hl. Messe im Kloster der Franziskanerinnen, wo seit einigen Jahren die Priester nur dreimal in der Woche für die Feier der Hl. Messe kommen können. Priestermangel und typische Diaspora-Situation!
Bei vielen Menschen, denen ich begegnen durfte, spürte ich einen tiefen und überzeugten Glauben und auch Hunger und Durst nach den Sakramenten und Glaubensvertiefung. Der christliche Glaube verändert die Menschen, gibt ihnen Heimat, Halt, Sinn und Trost, besonders in einer Gesellschaft mit hohem Leistungsdruck. Menschen sprachen mich an, wünschten aufbauende und ermutigende Worte oder den Empfang des Beichtsakramentes und nicht selten baten sie mich beim Abschied um den priesterlichen Segen.
Von den Erfahrungen im „Heimaturlaub“ werde ich lange zehren können. Zudem hat sich meine Überzeugung bestätigt: Weniger Strukturdebatten oder theologische Auseinandersetzungen führen und stattdessen mehr die allgemeine Berufung zur Heiligkeit leben mit einer authentischen, überzeugten und frohen Weitergabe des Glaubens. Einige Samen wurden bereits, besonders in den letzten Jahren, in Deutschland und auch in Japan gesät. Mal schauen, was Gott daraus macht.
Diese Reise war das Geschenk der Gemeinde zu meiner Diakonweihe. Ich danke Ihnen sehr herzlich, dass Sie mir diese Reise ermöglicht haben!
Kaplan Johannes Shimizu
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